Wegweiser mit deutschen Ortsnamen, Metzger, die mit Aufschnitt, und Bäcker, die mit Torten werben – kaum irgendwo in Südamerika ist deutsche Lebensart so sichtbar wie in Paraguay. Probleme gibt das nicht.
Das Land Paraguay
2006 starb Alfredo Stroessner, Paraguays langjähriger Diktator, im brasilianischen Exil. Zur gleichen Zeit kam das Land in die Top Ten der glücklichsten Nationen des Globus und erreichte 2012 sowie 2013 sogar Platz eins (Quelle: Gallup). Es scheint, als habe die Bevölkerung erst mit dem Tod des – immerhin schon 1989 entmachteten – Stroessner an eine bessere Zukunft geglaubt.
Heute ist Paraguay politisch stabil und Mitglied des UN-Menschenrechtsrates. Dennoch spielt es – anders als seine Nachbarn Bolivien, Brasilien und Argentinien – kaum eine Rolle im touristischen Getriebe Südamerikas. Und obwohl Paraguay für Deutsche „eine Auswandererdestination war und ist“ (Auswärtiges Amt), gibt es keinen Nonstop-Flug von und nach Frankfurt mehr; die letzte Verbindung dieser Art hatte die Lineas Aéreas Paraguays (heute LATAM) nach dem Sturz Stroessners eingestellt.
Dass das Deutschlandbild in Paraguay laut Auswärtigem Amt heute „besonders positiv“ ist, wird vor allem den ursprünglich aus Friesland stammenden Mennoniten zugeschrieben, die seit 1927 den Gran Chaco im Westen beackern. Das ist eine trockene Savannenlandschaft, während der Ostteil des Landes mit der Hauptstadt Asunción von großen Flüssen durchzogen wird. Hier siedelten vor 480 Jahren die ersten Europäer – und hier reisen Paraguay-Urlauber am liebsten herum.
Die deutschen Auswanderer
Bekannte „deutsche“ Orte sind Hohenau und San Bernardino (früher Neubayern); zu trauriger Bekanntheit brachte es Nueva Germania. So war es Friedrich Nietzsches Schwager, Bernhard Förster, der 1887 zwei Dutzend Familien in sein Neu-Germanien lockte.
Förster, der von Nietzsche ob seines Antisemitismus abgelehnt wurde, verschuldete sich für seine „arischen“ Pläne und beging 1889 Selbstmord. Noch viele Jahre lang litt die kleine Kolonie große Not.
Der christliche Indianerstaat
Eine italienisch anmutende mittelalterliche Kleinstadt für rund 4000 Menschen mit Piazza und Kirche, Gassen und Arkadengängen – La Santisima Trinidad de Paraná im Süden Paraguays ist eine der am besten erhaltenen von insgesamt 33 Jesuiten-Reduktionen in Südamerika, mithin Welterbestätte und touristisches Highlight. Mehr als 160 Jahre lang hatte der Jesuitenorden die Guaraní-Indianer missioniert und sie so auch vor der Leibeigenschaft bewahrt. Denn getaufte Indios durften laut einer Verfügung der spanischen Könige nicht versklavt werden.
Ironie der Geschichte: Spanier und Portugiesen waren es auch, die die Jesuiten 1767 wieder vertrieben und die Siedlungen zerstörten – ihnen war der christliche Indianerstaat zu mächtig geworden.
Das Zitat
„Gott segne die paraguayische Frau, die ruhmreichste Amerikas“, sagte Papst Franziskus bei einem Gottesdienst 2015 im Marienheiligtum von Caacupé nahe der Hauptstadt Asunción. Denn wie die Gottesmutter Maria hätten die Frauen sehr schwere Situationen gemeistert, sagte er.
Franziskus spielte damit auf den Tripel-Allianz-Krieg von 1864 bis 1870 an, in dem Paraguay gegen Argentinien, Uruguay und Brasilien kämpfte und weit über 100.000 Männer verlor. Nach 1870 kamen in Paraguay auf einen Mann etwa drei Frauen. Als Ergebnis des Krieges musste das Land die Hälfte seines Staatsgebietes an Argentinien und Brasilien abtreten.
Quelle: Welt